Rohrbacher Brüderschaft

 ältestester Verein in Zierenberg

Die Rohrbacher Geschichte

Zur Einleitung

Als Heinrich, der erste Landgraf in Hessen, ein Enkel der Elisabeth von Thüringen, im Warmetal die Stadt Zierenberg begründen wollte, mussten zunächst zwei Fragen geklärt werden:
1. Wo bekam er das Land für die Baustelle her? und
2. Woher sollten die Bewohner für das neue Gemeinwesen kommen?
Die erste Frage konnte Heinrich I. mit dem Abt des Klosters Hasungen verhältnismäßig schnell klären, da diesem das meiste Land in der Umgebung gehörte. Der Abt konnte dem Landgrafen einen entsprechenden Grunderwerb schlecht abschlagen, weil dieser seit 1297 als Schirmvogt für das Kloster eine wichtige Sicherheitsaufgabe übernommen hatte. Außerdem war der Landgraf mit dem derzeitigen Mainzer Erzbischof verschwägert und verbündet. Da die Mainzer seinerzeit das Kloster mitbegründet hatten, stand es unter ihrem besonderen geistlichen und politischen Schutz. Also liefen die Landverhandlungen reibungslos ab. 1298 tritt Abt Ekkehard von Hasungen Anbaurechte an Zierenberger Bürger ab, während im Gegenzug der Landgraf dem Kloster einen freien (d.h. abgabefreien) Hof am Kirchhof in der Stadt zubilligt. 1305 vergleicht sich der Landgraf mit dem neuen Abt Werner erneut über die Besitzverhältnisse an den Orten Hedewigessen, Gerixen und Hildeboldessen; er übernahm das Patronat über die bisher dem Kloster unterstehende Kapelle auf dem Hillbolzen und vereinigte es mit der neu errichteten Pfarrstelle in der Stadt Zierenberg. Damit waren die Landfragen geklärt, wenn es auch später noch zu machen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Zierenbergern und den Mönchen auf dem Klosterberg kam.



 




 

 

 





Im Blick auf die zu gewinnenden Bewohner der neuen Stadt dachte Heinrich I. an die Einwohner der zuvor erwähnten Orte und weitere Dörfer im Warmetal wie Horkenhausen, Wichmannessen, Lutwardessen und Rohrbach, die alle mehr oder weniger dem Kloster gehörten und dem dortigen Vogteigericht unterstanden. Das Leben hinter sicheren Stadtmauern und weitere Rechte, die den Bürgern gewährt wurden, waren verlockend und führten zu einem schnellen Umzug der Dörfler in die Stadt, von der aus sie immer noch bequem die alten Ländereien bewirtschaften konnten. Die Dörfer -und mit ihnen die drei Kirchen bzw. Kapellen von Hildeboldessen, Lutwardessen und Rohrbach- verödeten und verfielen in kurzer Zeit. Um die Rechte und Einkünfte bzw. Abgaben, die an den alten Dorfgemarkungen hingen, gab des ständige Auseinandersetzungen zwischen dem Kloster und der Stadt, die schließlich zu einem Sturm und einer Brandstiftung der erbosten Bürger am Kloster im Jahre 1330 führten. Wahrscheinlich wurde den in die Stadt gezogenen Neubürgern bestimmte Straßen oder Stadtviertel zugeteilt, in denen sich die alten Dorfgemeinschaften wieder zusammenfinden konnten. Sie bildeten Brüderschaften und übernahmen auch bestimmte Pflichten im neuen Gemeinwesen, wie etwa die Besetzung bestimmter Abschnitte der Stadtmauer im Verteidigungsfall. In einer Urkunde des Landgrafen Hermann von 1357 wird das Bestehen solcher Brüderschaften mit eigenen Vorstehern und Satzungen ausdrücklich vorausgesetzt. Als dann, mehrere Jahrhunderte später, in der Schreckenszeit des 30jährigen Kriegs (1618-1648) die Zahl der Zierenberger Bürger von etwa 1500 Einwohnern auf gerade noch 86 Ehepaare und 28 Witwen zurückging, waren auch die Brüderschaften praktisch verschwunden. Doch entstand in den folgenden Wiederaufbaujahren der dringende Wunsch, die Brüderschaften als Notgemeinschaften mit strenger Zucht und Ordnung wieder aufleben zu lassen, um den katastrophalen Zuständen - Zerstörung der Häuser, Verwahrlosung der Kinder, sittliche Verrohung der Erwachsenen, Niedergang der Alten- und Krankenpflege, unbebaute Felder und das Fehlen von Zugvieh und Geräten - wirksam entgegentreten zu können. Nach der Wiederbegründung der Leutzewärter Brüderschaft im Jahre 1660 konnte dann endlich auch die Rohrbacher Brüderschaft im Jahre 1696 wieder neu beginnen. Dieses Datum ist der Anlass dafür, im Jahre 1996 das 300jährige Jubiläum der Wiederbegründung zu begehen und dazu die bemerkenswerte Geschichte der Rohrbacher Brüderschaft ausführlicher darzustellen.